Lebenszeit – Über das kostbarste Gut

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Eines der tiefgründigsten Zitate aus „Der Herr der Ringe“ wird von Gandalf in „Die Gefährten“ gesprochen: „All we have to decide is what to do with the time that is given us.”[1] Diese Worte J.R.R. Tolkiens führen perfekt in das heutige Thema ein.

Laut dem Statistischen Bundesamt werden in Deutschland neugeborene Mädchen 83,7 und Jungen 78,5 Jahre alt, im Durchschnitt ergeben sich so 81,1 Jahre Lebenszeit.[2] Doch wie viel Zeit nehmen davon eigentlich unsere alltäglichen Beschäftigungen ein? Wie viel könnte man in einem Leben schaffen? Wie sieht es in anderen Teilen der Welt aus und wieso gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern? Diesen Fragen will ich im Folgenden auf den Grund gehen.


1. Anteile der verschiedenen Lebensabschnitte
2. Wie viel Zeit nehmen alltägliche Dinge in unserem Leben ein?
3. Wie viel passt in ein Leben?
4. Globale und geschlechtsspezifische Differenzen
5. Ausblick: Nutze ich meine Lebenszeit sinnvoll?


1. Anteile der verschiedenen Lebensabschnitte

Ich habe das Leben grob in vier Abschnitte unterteilt: Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter und Rente. Schauen wir uns doch einmal grafisch an, wie viel Zeit wir in den verschiedenen Lebensabschnitten verbringen:

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Mit 58 % nimmt natürlich das Erwachsenenalter den größten Platz ein, doch spannenderweise macht auch die Kindheit 16 % aus, die Jugend dagegen gerade einmal 10 %. Gut ¼ nimmt also der prägendste Teil unseres Lebens ein. Interessant, dass fast 75 % unseres Lebens also als unbedeutender und teilweise sogar kürzer angesehen wird und spannenderweise ist es tatsächlich so, dass die empfundene Zeit mit dem Alter schneller vergeht. Laut Professor Adrian Bejan und Psychologen Marc Wittmann hat es mit der Veränderung der Reizverarbeitung zu tun. In der Kindheit und Jugend erfasst und verarbeitet das Gehirn deutlich mehr Eindrücke, wodurch die zeitliche Wahrnehmung verlängert wird, während es einem später im Leben so vorkommt als würde die Zeit schneller vergehen. Natürlich spielt hier auch die Lebensweise eine Rolle, denn die Routine, die sich mit zunehmenden Alter einpendelt, wirkt sich wie Gift auf das Zeitgefühl aus. Da das Gehirn keine neuen Reize mehr verarbeitet und die Tage einander gleichen, fühlt es sich auch so an als würde die Zeit verfliegen. Indem man neue Dinge lernt und hin und wieder mit seiner Routine bricht, kann man dem jedoch entgegenwirken.

2. Wie viel Zeit nehmen alltägliche Dinge in unserem Leben ein?

Ein Jahr hat 365 Tage, da es jedoch alle vier Jahre ein Schaltjahr mit 366 Tagen gibt, werde ich zur Berechnung das sogenannte „Tropische Jahr“ nutzen, welches 365,24 Tage hat.[3] 81,1 Jahre ist wie gesagt die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland, was gerundet 973 Monate, 29.621 Tage, 710.907 Stunden, 42.654.432 Minuten oder 2.559.265.890 Sekunden sind. Schauen wir wie viel dieser Zeit wir im Durchschnitt so nutzen…

…um zu Schlafen:

In Deutschland schläft man im Schnitt 7,8 Stunden pro Tag, das sind pro Jahr gut 2.849 Stunden und aufs ganze Leben hochgerechnet 231.044 Stunden.[4] Wir „verschlafen“ also bereits 32,5 % unseres Lebens.

…zum Essen und Trinken:

105 Minuten verbringen wir im Durschnitt mit Essen und Trinken pro Tag.[5] Das entspricht insgesamt 3.110.201 Minuten oder 51.837 Stunden, was immerhin 7,29 % des gesamten Lebens ausmacht

…im Bad (ich arbeite hier mit Mittelwerten zwischen Mann und Frau):

Was selbstverständlich ebenfalls regelmäßig ansteht, ist Zeit im Bad. Laut Nivea beträgt diese Zeit 32,8 Minuten pro Tag.[6] Wenn wir dazu die täglichen 20 Minuten addieren, welche wir auf dem stillen Örtchen verbringen, kommen wir auf 52,8 Minuten pro Tag.[7] Das sind 19.285 Minuten oder mehr als 300 Stunden pro Jahr und aufs Leben gesehen unglaubliche 26.066 Stunden oder 1.086 Tage. Fast 3,7 % unseres Lebens verbringen wir so im Bad oder auf Toilette, rechnet man den Schlaf aus sind es mehr als fünf Prozent.

…für die Arbeit:

Ich gehe einmal von einer Arbeitswoche mit 40 Stunden aus, sowie einem Berufseinstieg mit 22 (das durchschnittliche Alter bei Hochschulabsolventen liegt mit 24 Jahren etwas höher[8]) und einem Renteneinstieg mit 67 Jahren.[9] Daraus ergeben sich 45 Arbeitsjahre. Mit 30 Tagen Urlaub im Jahr sind es so 1.916 Stunden pro Jahr und 86.204 Stunden aufs ganze Leben verteilt, was bedeutet, dass wir gut 9,8 Jahre also 12 % unseres Lebens in der Arbeit verbringen. Wenn wir die Schlafzeiten nicht beachten, sind es 18 %. Selbst während wir arbeiten, sind es „nur“ 32,4 %. Berechne ich dazu nun einen durchschnittlichen Arbeitsweg von 44 Minuten mit ein, ergeben sich 2.267 Stunden pro Jahr und 102.009 Stunden im Leben.[10] Ohne Schlaf verbringen wir so 21 % unseres Lebens mit der Arbeit, was mich doch verwundert hat, ich dachte dachte der Anteil wäre höher.

…für die Schule:

Mit einer Einschulung von 6 Jahren und dem entsprechenden Berufseinstieg mit 22, ergeben sich 16 Jahre Schul-/Ausbildungs-/Studienzeit. Ich möchte hierzu als Durchschnitt einfach 34 Stunden pro Woche einplanen (mit Hausaufgaben, lernen usw.) und 63 Tage Ferien berücksichtigen.[11] Wie auch bei der Arbeit möchte ich dazu noch einen durchschnittlichen Schulweg von 15 Minuten, also 30 Minuten täglich addieren. 25.215 Stunden ergeben sich so insgesamt, was 3,5 % eines Lebens und etwa 5 % im wachen Zustand entspricht. Ganz schön wenig, wenn man bedenkt wie prägend diese Zeit ist.

Was bleibt übrig?

Wenn wir die oben genannten Dinge abziehen bleibt unsere Freizeit übrigen, also die Zeit, die jeder für sich selbst gestalten und nutzen kann. Ich habe hieraus die Kinderzeit vom Alter von 0-5 Jahren herausgerechnet, da diese Zeit zwar sehr wichtig für die Entwicklung ist, aber nicht wirklich bewusst gestaltet werden kann.

Die Freizeit entspricht somit 28,5 Jahren oder fast 250.000 Stunden aufs ganze Leben gesehen. Pro Jahr sind das immerhin über 3.000 Stunden oder jeden Tag 8 Stunden und 24 Minuten die wir theoretisch zur freien Verfügung haben. Dies entspricht ganzen 35 % unseres Leben und knapp über 50 %, wenn wir den Schlaf nicht berücksichtigen.

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Nun sind wir schon an der entscheidenden Frage angelangt, was machen wir nun mit dieser Zeit, die uns gegeben ist? Im folgenden Kapitel will ich nun einmal aufzeigen, wie viel theoretisch, während einem durchschnittlichen Leben eigentlich möglich wäre.

3. Wie viel „passt“ in ein Leben?

Die folgende Auflistung ist mit einem Augenzwinkern zu betrachten, da sie einfach aus Interesse erfolgt und vollkommen utopisch ist. Ein Großteil unserer Freizeit wird schließlich bereits mit Familie, Freunden oder Bekannten verbracht und nicht zu verachten sind Arbeiten im Haushalt oder die alltäglichen Ablenkungen, durch etwa das Internet oder Fernsehen, welche uns – oder sagen wir zumindest mir – immer wieder eine Menge Zeit „stehlen“.

Na, dann gucken wir Mal wie viel eigentlich in der Freizeit eines Lebens möglich wäre. Ich habe dabei Querbeet diverse Tätigkeiten herausgepickt und die Ergebnisse sind sehr erstaunlich. Bei Büchern rechne ich mit einer durchschnittlichen Lesegeschwindigkeit von 220 Wörtern pro Minute.[12]

Es ist doch sehr erstaunlich, wie viel in einem Leben eigentlich möglich ist. Das zeigt auf positiver Art und Weise, dass man sich zwar genau überlegen sollte wie man seine Zeit nutzt, aber trotzdem genug Puffer besteht, um Fehltritte auszugleichen.

4. Globale und geschlechtsspezifische Differenzen

Wie viel Sand in unserer Sanduhr steckt, hängt spannenderweise von vielen verschiedenen Faktoren ab, wie dem sozialen Stand, dem Land, in dem man lebt/geboren wurde und auch dem Geschlecht. Sehen wir uns das einmal genauer an.

Weltweit beträgt die Lebenserwartung derzeit laut der „United Nations Population Division“ 73,2 Jahre.[13] Im Jahr 1950 lag die durchschnittliche Lebenserwartung noch bei 47 Jahren, was einem nie dargewesenen Zuwachs von fast 56 % in nur 70 Jahren entspricht. Global gesehen befindet sich die höchste Lebenserwartung in Japan (Hong Kong lasse ich hier einmal außen vor) mit 85,03 Jahren und die niedrigste in der Zentralafrikanischen Republik mit gerade einmal 54,36 Jahren. Anhand einer Weltkarte und als Tabelle zeige ich im Folgenden einmal die die Länder der höchsten und niedrigen Lebenserwartung:

01-Weltkarte-Lebenserwartung
Die Welt eingefärbt nach durchschnittlicher Lebenserwartung im Jahr 2018. [Bild: Wikimedia]

Was sofort ins Auge fällt, ist das die Staaten mit den geringsten Lebenserwartungen Entwicklungsländer sind, während die höchsten Lebenserwartungen hauptsächlich in Industrienationen zu finden sind. Dies hängt mit besseren Gesundheitssystemen, saubereren Sanitäranlagen, sichereren Arbeits- und Lebensbedingungen und einer deutlich geringeren Kindersterblichkeit zusammen.

In den USA findet interessanterweise jedoch seit jüngster Zeit ein Rückwertstrend statt, denn die Lebenserwartung sinkt dort wieder. Von 79,1 Jahren im Jahr 2014 auf 78,6 Jahre in 2017, also einem Rückgang von einem halben Jahr innerhalb gerade einmal drei Jahren.[14] Interessant ist, dass dieser Rückgang hauptsächlich bei Männer und im speziellen denen der unteren sozialen Schichten zu verzeichnen ist. Zurückzuführen ist dieser traurige Trend auf Drogentote (Afghanistan ist spannenderweise gleichzeitig während der US-Stationierung zum weltweit größten Opiumhersteller der Welt aufgestiegen[15]), einer stark steigenden Suizidrate und zunehmenden adipositas-, alkohol- und hypertonusbedingten Krankheiten.[16] So wie es aussieht, wird die Lebenserwartung in den USA wohl wieder steigen, aber es bleibt spannend, wie sich die Entwicklung auf lange Sicht weiter verlaufen wird.

Ich persönlich bezweifle, dass der Rest der Welt diesem Trend folgen wird, jedoch gibt es wohl tatsächlich eine Grenze für das natürliche Alter des Menschen. Diese liegt laut dem „Albert Einstein College of Medicine“ aus New York bei durchschnittlich 115 Jahren.[17] Der offizielle älteste Mensch der Welt war bisher die Französin Jeanne Calment, welche ein Alter von 122 Jahren erreichte, die Forschung ist sich hier jedoch noch nicht sicher, ob 125 oder gar 140 Jahre das Maximalalter eines Menschen ist.[18] [19] Im Silicon Valley geht man nichtsdestotrotz bereits den nächsten Schritt, denn mit seiner Tochterfirma Calico (California Life Company) forscht der Internetriese Alphabet (Google) derzeit am ewigen Leben.[20] Das was nach dem Plan eines Bond-Bösewicht klingt, soll durch die Zusammenarbeit gewaltiger Datenmengen und der Biologie zur Wirklichkeit werden. Meiner Einschätzung nach wird dieses Ziel wohl zunächst anhand von Analysetools und künstlicher Intelligenz erreicht, welche jegliche Krankheiten frühzeitig erkennen und behandeln können. Darüberhinaus sind aber auch Eingriffe in die Genstruktur oder ein kontinuierliches Zellwachstum denkbar. Die Frage, ob die Unsterblichkeit überhaupt ein erstrebenswertes Ziel ist, ist natürlich wiederrum eine andere – ich meinerseits sehe durch die natürliche Begrenzung der Lebenszeit überhaupt erst den Wert des Lebens und die Kostbarkeit des Seins.

Was bei der Betrachtung der Liste der ältesten Personen der Geschichte und der Welt ins Auge fällt, sind die geschlechtsspezifischen Differenzen, denn es sind fast nur Frauen vertreten.[21] Dies ist übrigens ein globaler Trend, denn in jedem Land der Welt (außer Bhutan) werden Frauen älter als Männer.[22] Im globalen Durchschnitt werden Frauen 75,6 und Männern nur 70,8 Jahre alt, was immerhin fast fünf Jahre Unterschied sind.[23] In Deutschland sind mit 83,7 Jahren bei den Frauen und 78,5 bei den Männern sehr ähnliche Verhältnisse vorzufinden.[24] Wie kommt es zu diesem spannenden Umstand?

Die WHO hat sich diese Frage einmal gewidmet und in ihrem Report aus dem Jahr 2019 Antworten geliefert.[25] Zunächst liegt es an der Lebensweise, denn Männer leben im Durchschnitt (Überraschung) ungesünder als Frauen. Männer rauchen fünfmal so viel, trinken viermal so viel Alkohol und die Chance bei einem Autounfall zu sterben ist für das männliche Geschlecht doppelt so hoch wie für das weibliche. Hier hört die Liste noch nicht auf, denn Männer sterben ebenfalls viermal so häufig durch Mord und auch die Suizidrate liegt bei Männern dreimal so hoch wie bei Frauen. Ebenso spielt es eine Rolle, dass in Berufsfeldern, die mit schwerer körperlicher Arbeit oder dem Militär verbunden sind, Männer überrepräsentiert sind. Interessanterweise gibt es sogar eine Klosterstudie von Marc Luy, welcher herausfand, dass die Lebenserwartung von den Mönchen im Kloster deutlich höher war, als die der Männer der Außenwelt und sogar beinahe an die der Nonnen heranreichte.[26] Die Lebensweise spielt demnach eine erhebliche Rolle, wobei die Studie jedoch umstritten ist. Die Differenz ist darüber hinaus auch biologisch erklärbar und zwar aufgrund des Chromosomenaufbaus, wodurch Frauen aufgrund des zweiten X-Chromosoms resistenter gegen (Erb-)Krankheiten als Männer sind. Jungen haben dadurch eine 11 % höhere Chance vor dem fünften Lebensjahr zu sterben als Mädchen. Frauen sind darüber hinaus auch mit einem besseres Immunsystem ausgestattet.[27] Insgesamt kommt die WHO somit zum Fazit, dass von den 40 meisten Todesursachen ganze 33 vom männliche Geschlecht überrepräsentiert werden.

Ich möchte zum Schluss dieses Kapitels nochmal auf die globalen Differenzen zu sprechen kommen, denn es gibt bei der Geschlechterdifferenz interessante Unterschiede zwischen den Ländern. Während der Durchschnitt wie gesagt etwa bei fünf Jahren liegt, macht die Differenz in Russland ganze 10,7 und in Syrien sogar 11,2 Jahre aus.[28] Während in Syrien wohl der derzeitige Krieg Schuld trägt, in dem vor allem (junge) Männer sterben/kämpfen, ist die Situation in Russland komplexer. Was auffällt, ist dass nicht nur Russland, sondern fast alle ehemalige Mitgliedstaaten der UdSSR eine große Differenz aufweisen, was mit deren gemeinsamer Geschichte zusammenhängt, denn durch denn Zerfall der Sowjetunion, war nicht nur die Macht Moskaus gebrochen, sondern auch Millionen von Existenzen zerstört. Mit dem radikalen Wandel von der Planwirtschaft in den Kapitalismus, kam der Großteil nicht hinterher und so hat sich bei einer kleinen Oberschicht von Oligarchen extremer Reichtum gehäuft, während der Großteil der Bevölkerung in Armut versank.[29] Das Russland der 90er Jahren kann man sich also wie den Wilden Westen vorstellen. Was hat das aber mit Geschlechtern zu tun? Der springende Punkt ist der verschiedene Umgang mit der Krise, denn die Männer haben ihren Frust zumeist mit hohen Alkoholkonsum erträgt oder/und sich das Leben genommen.[30] Jahrelang hat Russland so den Spitzenplatz der weltweiten Suizidraten angeführt, zu Höchstzeiten lag die Rate bei den Männern bei über 70 Selbstmorden pro 100.000 Einwohner (zu Vergleich in Deutschland sind es etwa 9 pro 100.000), dabei nehmen sich Männer dort siebenmal häufiger als Frauen das Leben.[31] [32] 34,4 % der Todesfälle der Männer im Alter von 15 bis 49 werden dem Alkohol zugerechnet und ganze 53,4 % sind verhaltensbedingt.[33] Doch ich will dieses traurige Passage hier auf einer positiven Note enden, denn die Zahlen in Russland bessern sich die letzten Jahre bereits und auch der allgemeine Wohlstand hat wieder zugenommen, so ist die Geschlechterdifferenz von nahe 14 Jahren innerhalb der letzten fünfzehn Jahre zumindest wieder auf 10 geschrumpft.[34]

In den ärmsten Ländern der Welt ist interessanterweise das Gegenteil zu sehen, denn dort liegt die Geschlechterdifferenz meist unter dem Durchschnitt. Dies liegt vor allem daran, dass dort die Lebenserwartung der Frauen durch die beispielsweise deutlich höhere Muttersterblichkeit leidet.[35]

5. Ausblick: Nutze ich meine Lebenszeit sinnvoll?

Über diese Frage denke ich persönlich sehr häufig nach und sie ist ähnelt der Frage, ob ich meine Zeit effektiv nutze, doch der Fehler liegt hier wohl schon in der Frage. Was heißt denn überhaupt effektiv? Wenn ich möglichst schnell etwas schaffe? Oder möglichst viel? Paradoxerweise vergeht die Zeit gefühlt am effektivsten, wenn ich etwas langsam und intensiv tue. Je schneller ich Beispielsweise durch einen Wald jogge, desto weniger nehme ich überhaupt mein Umfeld wahr, doch am intensivsten ist das Erlebnis, wenn ich langsam und aufmerksam durch das Unterholz spaziere. Als zweites Beispiel dient hier auch das Multitasking, denn laut einer Studie von Noemi Peter und Thomas Buser der „University of Amsterdam“ kann sich Multitasking sogar negativ auf die Effektivität auswirken und zu mehr Stress führen.[36] Es ist daher sogar besser gerade geistig anspruchsvolle Dinge einzeln zu erledigen und den Fokus zu 100% auf diese Arbeit zu legen, obwohl es rein logisch ineffektiver erscheint. Das Empfinden von Zeit ist somit sehr paradox und scheinbares „verschwenden“ von Zeit kann durchaus unglaublich sinnvoll sein.

Es gibt einen weiteren interessanten psychologischen Fakt und zwar verkürzt auch das Glückshormon (beziehungsweise Neurotransmitter) Dopamin die gefühlte Zeit – zumindest legen das Experimente mit Mäusen nahe.[37] Theoretisch wird dieser Effekt aber auch in einem Selbstversuch schnell deutlich: Überlege wie schnell die Zeit, während eines interessanten Gespräche vergeht und wie langsam, wenn du auf seinen verspäteten Zug wartest. Ein glückliches Leben vergeht somit also gefühlt schneller als ein unglückliches.

Woran liegt nun aber das Geheimnis eines erfüllten Lebens? Bonnie Ware, eine australische Krankenschwester der Palliativstation, hat in ihrem Buch „The Top Five Regrets of the Dying: A Life Transformed by the Dearly Departing“ die fünf Dinge aufgezählt, die auf dem Sterbebett am meisten bereut werden.[38] Diese lauten wie folgt:

  1. Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.
  2. Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.
  3. Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.
  4. Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten.
  5. Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.

Was sofort auffällt – aber zu erwarten war – ist, dass es nicht um materielle Dinge geht. Der Schlüssel aller fünf Punkte liegt meiner Meinung nach in einem selbstverantwortlichen Leben, also ein Leben, welches von eigenen Entscheidungen und Selbstbewusstein geprägt ist. Ein glückliches Leben hat also viel damit zu tun, seine Bedürfnisse zu ergründen und diesen nachzugehen. Sich Zeit zu nehmen, um sein Leben zu reflektieren und zu hinterfragen, sollte also niemals unterschätzt werden.

Ich persönlich bin eine absolute „Couchpotato“ und mein scheinbares Traumleben würde daraus bestehen in meiner Wohnung zu entspannen, um dort zu lesen, zu schreiben und Filme zu schauen. Das ist aber Unsinn und die Komfortzone ist trügerisch und tödlicher als Gift für ein erfülltes Leben. Der einfache Weg ist wie so oft nicht der Beste und es ist wohl auch der Mut die Komfortzone zu verlassen, der einem am Ende des Lebens sagen lässt „Ja, meine Lebenszeit war lebenswert, ich habe das kostenbarste Gut sinnvoll genutzt“ – um es einmal in den Worten Gandalfs auszudrücken.


Quellenverzeichnis

1. J.R.R. Tolkien: The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring (zu Deutsch Der Herr der Ringe: Die Gefährten). Großbritannien 1954
2. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/_inhalt.html [03.09.2020]
3. http://www.umrechnung-einfach.de/Stunden_Jahr.php [03.09.2020]
4. https://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/schlafen/nachtruhe/grosse-laender-unterschiede-hier-leben-die-groessten-langschlaefer-und-extreme-fruehaufsteher_id_5593649.html [03.09.2020]
5. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37082/umfrage/durchschnittliche-zeit-in-minuten-die-am-tag-mit-essen-und-trinken-verbracht-wird/ [16.09.2020]
6. https://www.grazia-magazin.de/beauty/die-pflege-uhr-der-deutschen-nivea-schaut-hinter-die-badezimmertuer-11045.html [16.09.2020]
7. https://www.derstandard.at/story/2000025536078/jeder-mensch-verbringt-drei-jahre-seines-lebens-auf-dem-klo [16.09.2020]
8. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/189237/umfrage/durchschnittsalter-von-hochschulabsolventen-in-deutschland/ [20.09.2020]
9. https://www.ruv.de/ratgeber/altersvorsorge/gesetzliche-rente/rente-mit-67 [20.09.2020]
10. https://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/Uebersicht/Der-Weg-zur-Arbeit-dauert-im-Schnitt-44-Minuten [20.09.2020]
11. https://de.wikipedia.org/wiki/Schulferien [20.09.2020]
12. https://de.wikipedia.org/wiki/Lesegeschwindigkeit [20.09.2020]
13. https://www.worldometers.info/demographics/life-expectancy/ [21.09.2020]
14. https://www.aerzteblatt.de/blog/108208/Sinkende-Lebenserwartung-in-den-USA [21.09.2020]
15. https://www.globalresearch.ca/afghanistan-the-worlds-largest-opium-producer/5596034 [21.09.2020]
16. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Total_suicides_in_the_United_States_1981_2016.png [21.09.2020]
17. https://www.welt.de/wissenschaft/article158585940/So-alt-koennen-Menschen-hoechstens-werden-oder.html [21.09.2020]
18. https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/kultur/1000-antworten-2118.html [26.09.2020]
19. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/86809/Lebenserwartung-Menschen-koennten-in-Zukunft-bis-zu-140-Jahre-alt-werden [26.09.2020]
20. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/google-das-c-im-alphabet-1.2607421 [26.09.2020]
21. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_%C3%A4ltesten_Menschen [26.09.2020]
22. https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_life_expectancy [26.09.2020]
23. https://www.worldometers.info/demographics/life-expectancy/ [26.09.2020]
24. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/_inhalt.html [26.09.2020]
25. https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/324835/9789241565707-eng.pdf [26.09.2020]
26. https://www.7jahrelaenger.de/7jl/magazin/warum-frauen-laenger-leben-54326 [26.09.2020]
27. https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/warum-maenner-kuerzer-leben-weltweite-studie-der-weltgesundheitsorganisation-a-1261298.html [30.09.2020]
28. https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_life_expectancy [30.09.2020]
29. Gibney, Alex: Citizen K. Greenwich Entertainment 2019
30. https://mdz-moskau.eu/lebenserwartung-in-russland-sehr-unterschiedlich-fuer-frauen-und-maenner/ [02.10.2020]
31. https://www.who.int/mental_health/media/russ.pdf?ua=1 [02.10.2020]
32. https://mdz-moskau.eu/mannlich-stark-lebensmude/ [02.10.2020]
33. https://mdz-moskau.eu/lebenserwartung-in-russland-sehr-unterschiedlich-fuer-frauen-und-maenner/ [02.10.2020]
34. http://www.gks.ru/free_doc/2008/demo/osn/05-08.htm [02.10.2020]
35. https://data.unicef.org/topic/maternal-health/maternal-mortality/ [02.10.2020]
36. https://link.springer.com/article/10.1007/s10683-012-9318-8 [04.10.2020]
37. https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/wie-unser-zeitgefuehl-funktioniert/ [04.10.2020]
38. Bronnie Ware: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden. (Org: The Top Five Regrets of the Dying: A Life Transformed by the Dearly Departing). München 2013

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

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